UNESCO-Bewerbung abgegeben

Unesco

01. November 2021

Der Landkreis Garmisch-Partenkirchen hat in Sachen Weltkulturerbe-Kandidatur seine Hausaufgaben gemacht: Nach jahrelanger Vorbereitung und vielen Kontroversen wurde Ende September das von der Kreisbehörde in mühevoller Arbeit in Form gebrachte, umfangreiche Antragsdossier an das zuständige Welterbezentrum in Paris geschickt. Dieses wichtige Etappenziel gaben Landrat Anton Speer (Freie Wähler) und Peter Strohwasser von der Unteren Naturschutzbehörde auf der Sitzung des Kreistags – das Gremium tagte in der Rosner Aula des Ettaler Klosters – bekannt.

„Der Ball liegt jetzt bei der Unesco“, resümiert Wolfgang Rotzsche, Sprecher des Landratsamtes. Nach einer Vorprüfung wird es nächstes Jahr ernst: Denn dann nehmen die Spezialisten der internationalen Organisation die Unterlagen aus dem Werdenfelser Land genau unter die Lupe. 2023 soll, so sieht es das Drehbuch vor, das Urteil fallen, ob sich die beliebte Urlaubsregion zwischen Staffelsee und Karwendel künftig mit dem Weltkulturerbe-Siegel schmücken darf. Wie hoch die Chancen sind, darüber kann nur spekuliert werden. Tatsache ist: Die heimische Kulturlandschaft mit ihren schützenswerten Wiesen, Weiden, Mooren und Almgebieten ist einzigartig. Allein beim Blick auf das Titelfoto des besagten Dossiers – zu sehen ist der malerische Geroldsee im Isartal – geht einem das Herz auf. Als Minuspunkt könnte sich allerdings die Tatsache erweisen, dass das insgesamt rund 19 000 Hektar umfassende Bewerbungsgebiet aus etlichen Teilstücken besteht und viele Grundeigentümer nicht dabei sind, darunter auch Schwergewichte wie die Gemeinde Eschenlohe.

Das Thema polarisiert: Die Befürworter erhoffen sich von dem exklusiven Prädikat in erster Linie Vorteile für die hiesige, kleinstrukturierte Landwirtschaft. Die Kritiker befürchten dagegen noch mehr Auflagen, Bürokratie und Bevormundung. Auch die Politik war sich uneins. Am Ende errangen die Fürsprecher des ehrgeizigen Projekts die Oberhand: In einer denkwürdigen Abstimmung am 23. Juli in Oberammergau stellte der Kreistag mit einer 38:13-Mehrheit die Weichen pro Bewerbung. Diese abzuschließen, war ein Kraftakt – eine „Mordsarbeit“, wie Strohwasser in der Kreistagssitzung berichtete. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Auf den rund 1000 Seiten sind genaue Beschreibungen der einzelnen Flächen und der Bewirtschaftung sowie Karten und Fotos zu finden. „Wir sind froh und glücklich, dass alles geklappt hat“, sagt Rotzsche.

Schwierige Übersetzung ins Englische Als besonders knifflig hat sich die geforderte Übersetzung ins Englische erwiesen. Vor allem einige Fachausdrücke hatten es in sich. Bestes Beispiel: die Moore. Unter diesem Begriff verstehen die Briten eher eine Art Heide. Nach langem Grübeln fiel die Wahl auf den Ausdruck „wetlands“, was soviel wie Feuchtgebiete bedeutet. In einem Fall mussten Strohwasser und sein Team kapitulieren: Die Wiesmahd heißt auch in der englischen Version so.

Eine große Unbekannte bleibt: Es steht in den Sternen, ob die Gegner, allen voran die „Interessengemeinschaft Weltkulturerbe GAP“, ihre Drohung wahr machen und den Rechtsweg beschreiten. Bislang liege noch nichts vor, heißt es dazu aus dem Landratsamt. Der CSU-Gemeinde- und Kreisrat Rudolf Utzschneider, einer der Hauptkritiker, gibt sich bedeckt. Tenor: Die Sache werde geprüft, eine Klage stehe im Raum – „schau ma mal“. Gar nicht einverstanden ist der Murnauer mit dem auf der Homepage des Landratsamts veröffentlichten Informationen. So fehle detailliertes Kartenmaterial. Sein Fazit: „Es bleibt bei der Geheimniskrämerei.“

(Bericht Münchner Merkur, 28.10.2021)

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