Neujahrsempfang des SPD-Kreisverbands GAP mit dem hessischen SPD-Landesvorsitzenden und stellv. Bundesvorsitzenden Thorsten Schäfer Gümbel
Die beiden Reden zum diesjährigen Neujahrsempfang des SPD Kreisverbands Garmisch-Partenkirchen hatten es in sich. Die einladende Kreisvorsitzende und Bürgermeisterin der Marktgemeinde, Dr. Sigrid Meierhofer, gab an diesem Abend die Themen vor. Sie warf die Fragen auf, die viele bewegen: Woher kommen Politikverdrossenheit und die unspezifischen Ängste, die unsere öffentliche Debatte prägen und dadurch nicht selten auch noch angeheizt werden? Welche Rezepte gibt es, um bei der allgemein doch guten wirtschaftlichen Lage unseres Landes dem Auseinanderdriften der Gesellschaft und speziell der Schere zwischen arm und reich entgegenzuwirken? Nicht zuletzt: wie können wir den bedenklich wachsenden nationalistischen Strömungen und antieuropäischen Gruppierungen etwas entgegensetzen?
Obwohl in Meinungsumfragen die Themen Bildung und bezahlbare Wohnungen sowie Rente und Alterssicherung weit oben stehen, sind auch in Bayern die Spitzenreiter Fragen um Geflüchtete, Migration und Asylpolitik. Dabei ist gerade die Wirtschaft, „bei uns vor allem Hotellerie und Gastronomie, dringend auf Zuwanderung angewiesen“, so Meierhofer. Auf die junge Generation zu setzen, ist vor diesem Hintergrund für sie der beste Ansatz.
Dabei macht es Hoffnung, dass für junge Menschen das „Flüchtlingsthema“ weit nach hinten tritt. Die Zukunftsthemen der Jüngeren sind sozialer Ausgleich und der Schutz der Umwelt, darauf müssten Kommunen künftig Antworten geben, sagt die Bürgermeisterin, die sich auch für diese Themen stark macht. Sie versäumt dabei nicht, zwei der Markenkerne der SPD für die Regien anzusprechen, den Ausbau des Nahverkehrs – ebenfalls ein Umweltthema – und bezahlbare Wohnungen. Das sind Aufgaben, die angefasst werden müssen, gerade für junge Familien und junge Erwachsene. Ihr Appell: „Wir dürfen nicht nachlassen, uns für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität einzusetzen“. Das bedeute, gemeinsam an den notwendigen Veränderungen zu arbeiten.
„Europa ist die Antwort“
„Demokratie ist nicht nur eine Staatsform. Sie ist eine Lebenshaltung.“ Georg August Zinn
Der hessische SPD-Vorsitzende und Gastredner Thorsten Schäfer Gümbel kennt die brennenden Themen aus seinem Wahlkreis. TSG zitierte in seiner Rede Georg August Zinn, von 1950 bis 1969 hessischer Ministerpräsident, der den Ruf Hessens als rotes Bundesland begründete. Kein Ministerpräsident amtierte in Hessen solange wie Zinn.
Die Herausforderungen, vor die Thorsten Schäfer Gümbel unter der Überschrift „Europa ist die Antwort“ die SPD gestellt sieht, um bei den Wählerinnen und Wählern neuen Anklang zu finden, fasste er unter dem Stichwort der Globalisierung zusammen. Die Migrationsfrage sei nur ein Teil davon, erklärte er, und suchte die Antwort darauf, woher die Unsicherheit und damit einhergehend Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit kommen, eher in der Frage, wie wir mit der Globalisierung umgehen. Deren größter Gewinner in der westlichen Welt sei Deutschland, das sich schneller von der Krise als alle anderen erholte, wie die Lohn- und Gehaltsentwicklung zeige.
Doch was in China, in der arabischen Welt, in Russland und auch in der Türkei geschehe, der Wettbewerb zwischen den demokratischen und den staatsautoritären Staaten, das bereite den Bürger_innen Sorge. Ebenso der Preis für die Geschwindigkeit der Entwicklung, die ökologische und Eigentumsfragen außer acht lässt. Nicht zuletzt die Sorgee, ob wir eigentlich noch über unsere Wirklichkeit selbst bestimmen, oder ob dies nicht längst die großen internationalen Konzerne und Finanzakteure tun, die unter Kontrolle gestellt werden sollten – was wir, so TSG, eben nicht geschafft haben.
Die Antwort darauf, wie wir unsere Interessen in diesem Kontext besser platzieren, so der Stellvertretender Bundesvorsitzende der SPD, der ein Kenner der asiatischen Länder ist und 2018 ein viel besprochenes Buch zum Thema „Sozialdigitale Revolution“ publizierte, laute: Europa! Denn Deutschland brauche Partner_innen, um gegen das „Zurück zum Nationalstaat“ der Populisten zu gewinnen.
Vier Herausforderungen für die SPD
Für die SPD sieht TSG vier Herausforderungen: Als erstes sollte sie, ohne den GRÜNEN hinterherzulaufen, die ökologischen Fragen zum Thema machen, denn „wir vernichten die Lebensgrundlagen unserer Kinder und Enkel“. Sie sollte zum zweiten „technologieoffen“ sein und sich der Frage stellen, wie die Mobilität der Zukunft aussieht. Die dritte Herausforderung seien die Smartphones, die vor zehn Jahren erfunden wurden, mit anderen Worten die Digitalisierung 4.0 und die Sorge um den Verlust von Arbeitsplätzen. Zentrale Aufgabe der SPD sei es, die Jungen so zu qualifizieren, dass sie aufgrund dieser Entwicklung nicht ihre Jobs verlieren, sondern ain zehn oder zwanzig Jahren noch eine Arbeitsstelle haben, weil sie entsprechend ausgebildet wurden. Der Sozialstaat sollte so „fit gemacht“ werden, dass er die Menschen beschütze und gleichzeitig befähige, diese Entwicklung mitzumachen. Als vierte Herausforderung benannte Thorsten Schäfer Gümbel wie Sigrid Meierhofer die zunehmende Ungleichheit. Die SPD sei eine Partei der Leistungs- und Chancengerechtigkeit, nicht bloß der Chancengleichheit. Dieses Problem könne die Politik nicht lösen, appellierte der hessische Landesvorsitzende, es sei eine Frage der Sozialpartner – also von Gewerkschaften und Unternehmen. Der Wegfall der Tarifbindungen erhöhe den Druck, wir bräuchten mehr kollektive Lösungen.
Am Schluss seiner Rede zitierte Thorsten Schäfer Gümbel, wie eingangs gesagt, Hessens langjährigen SPD-Ministerpräsidenten Georg August Zinn. Wie aus technologischer Fortschritt auch sozialer Fortschritt werden kann, fügte er an hängt von dieser demokratischen Lebenshaltung ab. Davon, nicht bloß zu sagen, wogegen man ist, sondern für eine Sache zu streiten und zu sagen, wofür man steht.
Die Veranstaltung fand in Garmisch-Partenkirchen statt, wo die zahlreich gekommenen Gäste vom Ortsverein und seiner Vorsitzenden Ulrike Bittner-Wolf aufs herzlichste begrüßt und empfangen wurden.
Presse, SPD-Kreisverband GAP